Wenn man einmal erkannt hat, dass ein langes Wochenende mit Champagne Powder drei mal mehr Wert ist, als eine Woche im voraus gebuchter Urlaub im Skigebiet mit meistens für uns Freerider dürftiger Schneedecke, geht man immer wieder auf Powderjagt. Dafür müssen wir flexibel sein. Es kann passieren, dass man jeden Tag an einem anderen Ort ist und wie Nomaden dem Schnee hinterherpilgert.
Selbst wenn man viel Geld hätte, müsste man sich immer wieder nervig neue Unterkünfte suchen. Außerdem müssen wir mobil sein. Da gibt es nur eine Lösung:
Zumindest dachte ich das wäre eine gute Lösung. Für die Sommersurfurlaube in Frankreich und Spanien hatte sich mein System bestens bewährt. Zelten durfte man an den Stränden nicht, aber Bullis waren teilweise gedultet. Vor allem in Spanien schien sich niemand an den Surf-Bums in ihren rollenden Blechhütten zu stören.
Einen Bulli zu kaufen war nicht in meinem Budget, aber ein Auto hatte ich, und meine Ingenieurs-Phantasie. Heraus kam eine zusammenklappbare Holzplattform mit einem handelsüblichen Quechua-Wurfzelt mit integriertem Licht. Mit vier Gummis befestigt und mit Teleskopleiter begehbar, war das Heim im Himmel innerhalb von drei Minuten errichtet. Wassertank mit Hahn, 12 Volt Kühlbox, Falttisch und Stühle in Miniaturausfürhung und Benzinkocher erfüllten alle wünsche, die ein Surf-Bum sich nur vorstellen konnte.
Es war eine gute Zeit, Leute sind stehen geblieben und haben interessiert gefragt, was das sei. Man ist ins Gespräch gekommen und hat viele interessante Menschen kennengelernt. Auf unserer Plattform waren wir weg vom Getümmel auf der Erde, wir waren in unserem eigenen Nest.
Nach zwei sehr erfolgreichen Surfabenteuern beschloss ich dann das Wagnis:
Ich hatte schon einige Wintertrecks durch Schweden, Norwegen, und den Alpen hinter mir. Ich wusste um die Besonderheiten der Feuchtigkeit nach einem Tag im Schnee, der Essenzubereitung in großen Höhen bei Kälte, der eingefrorenen Skischuhe am nächsten morgen...
Ich hatte mich gewappnet mit isoliertem Wassertank, mit Benzinkocher statt Gaskocher, mit 12V Thermoheizelementen für die Schuhe und zwei dicken fetten Schlafsäcken und Isomatten.
Es ging! Eine Woche war ich unterwegs, habe viele Freunde zum zusammen Schredden getroffen, viele neue Leute kennen gelernt, mich einfach treiben lassen und vor allem: Viel Powder zerflügt!
Ich hatte das Glück die Familie von einem befreundeten Bergführer zu besuchen, die im Keller eine Sauna hatten. Andere Freunde fuhren als Skiguide bei einer 50 Köpfigen Hochschulgruppe mit, und luden mich prompt zu ihrer Uni-Hausparty ein. Ein weiterer Freund zeigte mir sein Secret-Spot-Hausgebiet - wir haben quasi als einzige Freerider den frischen Pow zerflügt...
Es war eine gute Zeit!
Schlau wie ich war ging ich einmal Nachts zu einer verlassenen, dunklen Apés-Ski-Schirmbar um meinen letzten Pow-edit hochzuladen. Es dauerte länger als ich vermutet hatte und die Abwechselnd-auf-einem-Bein-steh-Technik konnte langsam auch nicht mehr die Kälte vorm heraufkriechen hindern. Wieder zurück am Zeltmobil verkroch ich mich unter allem was ging. Aber wenn mein einmal kalt ist... oh wie hab ich mir eine heiße Dusche gewünscht!
Schlimmer aber war an einem Morgen festzustellen, dass der Neuschnee, dem man gerade hinterhergefahren war hier unten im Tal leider als kalter, äußerst ungemütlicher Regen herunterkam. Aufstehen, das Zelt abbauen und frühstücken, um dann halb nass in den Lift zusteigen? Hmmmmm ich lag noch eine ganze Weile in meinem Nest...
Ich könnte mir vorstellen die Techniken weiter zu verfeinern, das nächste Mal immer oberhalb der Schneegrenze zu nächtigen, vielleicht einmal länger auf eine warme Video-Upload-Gelegenheit zu warten.
Oder ich könnte dieses Jahr einfach mit unserem neuen Wohnmobil losfahren ;-D
Cheerio!
Willi