Powderjagt mit Wohnmobil - Ein Erfahrungsbericht

Powderjagt mit Wohnmobil - Ein Erfahrungsbericht

Morris Powderalarme sind manchmal (weißes) Gold wert. Er sagt uns wann und vor allem auch wohin wir müssen. Meistens kündigen sich Dumps schon eine Woche vorher an und man kann schon ungefähr die Region festmachen wohin man muss. So spontan dann noch Unterkünfte zu besorgen kann stressig und nicht ganz günstig sein. Außerdem hat man sich mit der Buchung festgelegt, falls sich dann kurzfristig doch noch etwas ändert oder die Lawinensituation zu gefährlich wird, muss man dann doch von der gebuchten Unterkunft noch etwas weiter zu geeigneten Skigebieten fahren, oder man fährt halt Piste.

##Piste fahren ist kein wirklich guter Plan B

Eine ganz andere Möglichkeit auf eine wahre Powderjagt zu gehen ist es mit einem winterfesten Wohnmobil auf Abenteuer zu fahren! Da kommen den meisten sicherlich gleich grausige Bilder von frierenden, stinkenden, mit dem WoMo im Graben liegenden verrückten in den Kopf. Ganz so ist es nicht ;)

Powderjagt mit WoMo, geht das?
Powderjagt mit WoMo, geht das?

Es ist jetzt das dritte Mal, dass ich mit dem WoMo Skifahren gehe und ich kann nur sagen, dass es sich nicht das letzte Mal war!

Allein die Gemütlichkeit, die in unserer eingeschneiten Hobbit-Höhle bei Kerzenlicht entsteht, während wir uns in unsere Sofas mit vielen Kissen und Decken Kuscheln und Karten spielend der Musik lauschen. Die Standheizung summt vor sich hin, der Boiler heizt gerade das warme Wasser für die (zugegebener Maßen sehr kurze) Dusche auf und draußen sind die weißen Berge, nachts ganz still und ruhig, aber immer da.

Draußen die Natur, drinnen unser kleines Reich
Draußen die Natur, drinnen unser kleines Reich

Ok, ok, es gibt auch die Schattenseiten vom WoMo-Powdern, ich will es hier nicht völlig romantisieren. Aber es ist insgesamt wirklich nicht so schlimm wie die meisten denken. Und außerdem: Wohnmobile im Winter zu mieten ist deutlich günstiger als im Sommer!

Der Tannenbaum durfte bei unserer Weihnachts-Powderjagt natürlich nicht fehlen
Der Tannenbaum durfte bei unserer Weihnachts-Powderjagt natürlich nicht fehlen

##Die Schattenseiten

Ja, es wird vorkommen, dass es kalt ist. Aber eigentlich nur morgens, und selbst das kann man vermeiden. Nachts und wenn man unterwegs ist, stellt man die Heizung je nach Kälte weit runter, oder ganz aus. Wir ziehen die Vorhänge von unserem Alkoven (das riesige Doppelbett über dem Fahrerhäuschen (es ist größer als unser Bett zuhause)) nachts zu und machen die Heizung bei 0°C Außentemperatur aus. Dabei schlafen wir mit ganz normalen Bettdecken, die man auch in der Wohnung im Winter benutzen würde. Die Körperwärme reicht aus um den Alkoven warm zuhalten. Morgends könnte man 30 Minuten vorm aufstehen kurz die Heizung anschmeißen und sich dann nochmal schnell ins warme Bett kuscheln. Wer es eilig hat, der zieht sich halt schnell seine Skiklamotten an, dann geht das Frühstücken auch gut.

Der Schnee isoliert zusätzlich und bald sieht uns außerdem niemand mehr ;)
Der Schnee isoliert zusätzlich und bald sieht uns außerdem niemand mehr ;)

Ja, es ist in den meisten Ländern eigentlich erlaubt nur eine Nacht an dem selben Ort zu stehen. Dazu gehören Deutschland, die meisten Teile von Österreich, Italien und Spanien und inzwischen auch Teile der Schweiz. In Frankreich ist es offiziell nicht erlaubt.

Wir halten uns natürlich an die Regeln. Wären wir allerdings in einem Paralleluniversum könnte man sagen: In Frankreich waren die Skigebiete bisher super entspannt, und auch in Österreich hatten wir bisher null Probleme. Man darf halt nicht da stehen, wo es irgendwen stören könnte. Je enger und kleiner das Tal, desto schwieriger wird es. Notfalls muss man etwas weiter weg vom Ballungszentrum übernachten und dann am morgen das letzte Stück zum Skigebiet fahren. Man sollte natürlich nicht die Markise ausfahren und den Grill rausholen. Man sollte sein Müll ordentlich entsorgen und nicht in die Gegend Pinkeln. Aber ansonsten sehe ich da kein Problem irgendwo am Waldrand, wo es niemand stört für ein, zwei Nächste zustehen. Wenn es kritisch ist noch ein Tipp: den Tag über an einem Ort stehen und nur kurz vorm Schlafen gehen an einen anderen Ort fahren und nach Außen hin keine Lebenszeichen mehr abgeben.

Direkt am Lift stehen soll möglich sein. Seichten Schläfern sind die nächtlichen Pistenraupenaktionen allerdings nicht empfohlen.
Direkt am Lift stehen soll möglich sein. Seichten Schläfern sind die nächtlichen Pistenraupenaktionen allerdings nicht empfohlen.

Wem das alles zu bunt ist kann auch einen der Wintercampingplätze ansteuern, wovon es tatsächlich viele gibt. Was ziemlich unverständlich ist sind die gesalzenen Preise von t.w. 35€ pro Nacht.

Nächster Knackpunkt: Schweres, behäbiges Gerät auf verschneiten Passstraßen. Es ist schon etwas anderes mit dem Wohnmobil in den Alpen unterwegs zu sein als mit seinem Audi Quattro. Fast alle haben Frontantrieb aber das Gewicht hinten. Man sollte schon ein Paar stahlartige Nerven und einige Winter Erfahrung mitbringen, bevor man eine verschneite Passstraße in Angriff nimmt. Gerade Vorgestern ist meine Freundin tausend Tode gestorben als wir die 1000 Höhenmeter Passstraße nach Flaine in Frankreich hochgefahren sind und es nach 200 Höhenmeter anfing zu schneien. An einigen blinkenden Autos am Straßenrand sind wir noch vorbei gezogen, aber kurz danach haben wir dann doch lieber die Schneekettenvariante vorgezogen. Absolut unproblematische Abwicklung der restlichen 500 Höhenmeter im Schneesturm.

Schneekettenanlegen ist eigentlich ganz einfach, wenn man es aber noch nie gemacht hat kann es extrem kompliziert erscheinen.
Schneekettenanlegen ist eigentlich ganz einfach, wenn man es aber noch nie gemacht hat kann es extrem kompliziert erscheinen.

In Sölden hatten wir (im Paralleluniversum) ein anderes Mal einen super Stellplatz neben einem hochgelegenen Skilift von den Pisten aus entdeckt. Die Straße dahin schien unbezwingbar eisig und steil. Auch mit Schneeketten und einer menge Schwung schien es unmöglich weil die Last zu weit hinten saß. Kurzerhand überlegt, wendeten wir, legten den Rückwärtsgang ein und mit einer ordentlichen Portion Schwung ging es Rückwärts bis ganz nach oben. Den Rest der Woche mussten wir keinen neuen Stellplatz mehr finden.

##Die Ressourcen müssen im Auge behalten werden.

Gas kann im Ausland ein Problem werden wenn man länger als 10 Tage bleibt. Bei uns reichen die zwei 11kg Gasflaschen, wie sie in den meisten WoMos eingesetzt werden für 10 -12 Tage. Das hängt aber auch stark davon ab wie gut das WoMo isoliert ist und wieviel man abends unterwegs ist. Wir haben leider keinen doppelten Boden, ich denke da könnte man mit einem besser isoliertem WoMo noch ein Paar Tage herausholen. Wer länger im Ausland bleiben will sollte sich gut informieren, ob die hiesigen Systeme kompatibel sind. Die 13kg Propangasflaschen in Frankreich waren es zum Glück bei unserem WoMo.

Der 100l Wasser- und der kleine Toilettentank reichen bei uns bei sparsamer Nutzung für 8 Tage, da gehen wir dann aber in dem nächsten Spa baden und genießen gleichzeitig auch die Sauna ;)

Strom ist auch eine wertvolle knappe Ressource. Am besten fährt man alle Paar Tage an den nächsten Powder-Spot und lädt damit die Batterie. Wer länger an einem Ort bleiben will und nicht die Umwelt mit dem im stand laufenden, ineffizienten Dieselmotor verpesten will, der braucht eine Solaranlage. Wir haben eine kleine 100W Anlage, die im Sommer ausreicht um zwei Laptops für einen Arbeitstag und zwei Handys zu betreiben. Wir haben allerdings auch komplette sehr effiziente LED-Beleuchtung (sehr zu empfehlen!). Im Winter sieht die Sache allerdings sehr anders aus. Es gibt deutlich weniger Sonnenlicht, das licht fällt sehr schräg ein UND woran wir überhaupt nicht gedacht hatten: ES SCHNEIT DIE GANZE ZEIT… Deswegen sitzen wir hier jetzt doch gerade mit laufenden Motor und hoffen es reicht dann wieder für 4 Tage. Die Lösung zu diesem Problem haben anscheinend diese Vollzeit-Ski-Bums:

Die Deluxelösung für die ultimative Powderjagt
Die Deluxelösung für die ultimative Powderjagt

Aufstellbare und ausrichtbare Solarpannels, wo der Schnee einfach abgleitet! Naja, bei dem Level sind wir wohl noch nicht ganz angekommen und müssen noch schippen, wenn sich ein Bluebirdtag ankündigt.

Ach deswegen bekamen wir kein Stromnachschub mehr...!
Ach deswegen bekamen wir kein Stromnachschub mehr…!

Grundsätzlich kann man sagen, dass man im Winter deutlich mehr Platz braucht als im Sommer. Klamotten wollen getrocknet werden, Skiausrüstung verstaut werden, und man verbringt deutlich weniger Zeit vor dem Wohnmobil als im Sommer. Dementsprechend kann es an langen Abenden auch sehr, sagen wir kuschelig werden ;) In unserem 6 Meter WoMo mit 4 festen Betten und zwei Notbetten wären 3-4 Freerider schon an der Grenze.

Direkt vom Frühstück auf den Berg!
Direkt vom Frühstück auf den Berg!

Super wichtig ist, dass man trotz der Kälte immer gut lüftet, sonst wird man irgendwann morgens unsanft von von der Decke tropfendes Kondenswasser geweckt… Wenn man morgens nach dem Frühstück loszieht bietet es sich an die mit Feuchtigkeit gesättigte warme Luft einmal für 5 Minuten rauszublasen. Ich hatte es bei einem früheren Projekt schon, dass mein Opel Astra Kombi (vollausgestattet mit Gardinen) leider irgendwann geschimmelt hat… Grundsätzlich sollte man einfach möglichst vermeiden Feuchtigkeit ins WoMo reinzutragen. Dazu ein Paar Tipps:

-Handelsübliche Windschutzschneebürste an Eingang und an dem Skistaufach bereitlegen und alles immer schön abbürsten.

-Dachfenster einen Spalt auf beim Kochen

-Am Ende eines Skitages nochmal schön in die warme Après-Skihütte einen trinken gehen und dabei die Klamotten trocknen und sich selbst noch einmal aufwärmen bevor es an die 30min Standheizungsaufwärmzeit im WoMo geht.

Wer viel am Laptop oder im Internet abreitet, kann die Zeit in den Bergen noch effektiver nutzen. Bei schlechtem Wetter, wenig Schnee oder zu hoher Lawinengefahr holt man einfach seinen Computer heraus und macht es sich gemütlich. Super bieten sich dafür auch ressourcensparende Kaffees an, wo man Wärme, Platz, Gemütlichkeit, Toilette und überlebenswichtiges Wifi kriegt ;) Wir haben inzwischen wegen unserer häufigen Internetaktivitäten (meine Freundin Mareen hat einen Onlineshop für hochwertige Surf-Swimwear – check it out ;) ) zwar beide 1gb Auslandsflats. Aber die reichen oft auch nicht. Außerdem kriegt man so deutlich mehr von den Menschen in den Bergen mit. Öffentliche Bibliotheken sind übrigens auch super ;)

Unser Wohnzimmer in Chamonix: Work and wait for Snow
Unser Wohnzimmer in Chamonix: Work and wait for Snow

Insgesamt ist es natürlich ein Abenteuer und nichts für den Normalo für den eine Dusche auf dem Flur schon eine Zumutung ist. Aber wer es wagt auf Ferditeuer zu gehen (unser WoMo hört auf den Namen Ferdi) wird unvergessliche Zeiten erleben, die Berge von einer ganz anderen Seite kennen lernen und nicht zuletzt den geilsten Powder an den optimalsten Powderspots zerflügen, das garantiere ich euch ;)

Der Traum: Direkt bis vor die eigene Haustür!
Der Traum: Direkt bis vor die eigene Haustür!
Willi

Reaktionen

Tourist
AnonymAutor8 Januar 2016 · 23:57

Werde ich diesen Winter auch einmal ausprobieren.
Super Artikel.
Lg,
Felix

Fortgeschritten
PolarixAutor11 Januar 2016 · 11:18

Super Artikel - Hammer! Zum Feuchte aus dem WoMo kriegen hätte ich noch einen Tipp: http://www.awn.de/petroleum-heizung-1.html

Experte
WilliAutor11 Januar 2016 · 11:40

Interessant, sowas wäre mal für ein großes Zelt interessant, oder für jemanden der keine Stanheizung hat. Aber ohne Standheizung würde ich tatsächlich nicht wirklich empfehlen in den Winterurlaub zu fahren ;-D Oder höchstens übers Wochenende ;) Aber danke für die Info! :)

Antworten
Verpassen Sie nichts mehr!

Erhalten Sie die neuesten Nachrichten, PowderAlerts und mehr!