Filmkritik Ruin & Rose: Mother Earth's Last Trick?

Filmkritik Ruin & Rose: Mother Earth's Last Trick?

Wepowder veröffentlicht für gewöhnlich keine Filmkritiken, aber „Ruin and Rose“ ist ja auch kein Ski-Film, der das zeigt, was wir von Ski-Filmen gewöhnt sind. Vor etwas mehr als einer Woche feierte der neuste Streifen von Matchstick Productions seine Europapremiere. Jetzt ist der Film auch online verfügbar (siehe unten), Habt ihr in schon gesehen? Dann lest weiter und diskutiert mit mir über eure Eindrücke. Wenn ihr ihn erst selbst sehen wollt, dann entscheidet selbst ob ihr erst später wiederkommt um weiterzulesen. Denn bei diesem Ski-Film lohnt es sich die Handlung genauer zu verfolgen.

Europapremiere beim Freeride Film Fest

Der Film hat gerade seine Europapremiere gefeiert. Vor gut einer Woche wurde er beim FreerideFilmFestival (organisiert von wePowder) in Amsterdam und auch in Innsbruck bei der AlpCon in großen Kino-Sälen aufgeführt. Schon im Vorfeld wurden im Netz Stimmen laut, die eher von Enttäuschung oder Verwunderung geprägt waren. Darf ein Ski-Film sowas? Meine Meinung vorweg: ein ganz klares Ja!

Freeride Film Fest in Amsterdam
Freeride Film Fest in Amsterdam
Im Kino läuft der Film noch auf der Alp-Con Tour
Im Kino läuft der Film noch auf der Alp-Con Tour

Ein Ski-Film gedreht in Namibia

Ski-Filme leben von meistens einer gesunden Balance zwischen atemberaubender Action und unterhaltsamer Road Trip- oder Klamauk-Szenen der Athleten. Diese Methode funktioniert und gefällt auch uns, denn das spricht für jede Menge Stoke. Ruin und Rose verzichtet jedoch von Beginn an auf eine Montage von Skitaschen auf dem Rollband am Flughafen, freigeschaufelten Crew-Fahrzeugen und Gute-Laune-Momenten im Hot-Tub, bevor dann die Ski bei traumhaften Sonnenschein in den Hubschrauber geladen werden. Stattdessen lässt der Film den Zauberstab der weißen Magie lange Zeit stecken und entführt die Zuschauer in eine postapokalyptische Wüstenwelt.

The Big Empty
The Big Empty

Auch wenn die Taktung der einzelnen Kamerabilder teilweise etwas langgezogen wirkt, zieht der Erzähler der Geschichte (gesprochen von einem kleinen Jungen) mit bewegenden Texten und aufrichtig berührender Stimme in seinen Bann. Kaum Pathos, sondern fast unnagenehme Abgeklärtheit begleiten seine Erzählungen aus einer nicht allzu fernen Welt, in der die Menschen sich selbst ihre eigene Energiequelle zerstört haben: das Wasser. Angestachelt durch den Fund einer Kiste mit Skiern und Powder-Magazinen begibt sich der Junge auf eine aussichtslose Reise, durch die von Sand und Staub bedeckte Wirklichkeit seiner Zeit und Realität. Dabei träumt er von einer vergangenen Zeit, in der so vieles selbstverständlich war. Die Rede ist von unserer Gegenwart.

Eindrucksvoller Geschichtenerzähler
Eindrucksvoller Geschichtenerzähler

Ein Kind der Zukunft prangert an

Immer wieder blickt der Junge, dessen Namen wir nicht erfahren, in die tote vergessene Welt, die er „The Big Empty“ nennt. Regisseur und Drehbuchautor Ben Sturgulewski unternimmt bewusst keinerlei Versuche, den Jungen und das Publikum auf eine Ebene zu bringen. Wir sind es schließlich, jene Menschen aus der Zeit vor der großen Leere, für die der Hauptfigur jedes Verständnis fehlt. Wie konnten wir es zulassen, dass etwas so wundervolles wie Schnee nicht mehr existiert? Diese beklemmende Frage brennt sich regelrecht in das Bewusstsein des Film-Publikums und bleibt im Hinterkopf, egal ob die Kamera durch Wüsten oder verschneite Berglandschaften gleitet.

Düsterer Blick auf unsere Gegenwart
Düsterer Blick auf unsere Gegenwart

Stoke und Umweltschutz vereint?

Jetzt fragt ihr euch bestimmt ob es überhaupt gute Freeride-Szenen im Film vorkommen. MSP wäre nicht MSP, wenn der Film nicht auf dem neuesten Stand der Technik gefilmt wäre und Rider mit unglaublichen Fähigkeiten mit von der Partie wären. Cody Townsend, Markus Eder, Eric Hjorleifson, Marc Abma und viele andere zeigen zur Genüge was sie so drauf haben. Gedreht wurde in Alaska, BC, Kalifornien, Österreich, Frankreich und der Schweiz. Es fehlt kein bisschen an Stoke, denn die Bilder sind gewaltig. Bei manchen Lines stockt der Atem und doch fühlt sich alles ganz anders an als sonst. Ich hab euch ja gesagt, dass euch die Geschichte des Jungens auch während den Powder-Szenen nicht loslässt und gerade das hat mir gefallen. Während die Besten der Besten über die Leinwand schwingen und die weiße Pracht zum Stauben bringen, komme ich eigentlich immer ins Träumen.

Pure...
Pure…
... Stoke
… Stoke

Normalerweise drehen sich meine Gedanken während Ski-Filmen vor allem um meinen eigenen Winter und die Gute Zeit am Berg, auf die ich mich mit Freunden freue. Bei „Ruin and Rose“ musste ich vor allem an die Gute Zeit denken, die ich auch meinen Kindern und ihren Freunden noch am Berg wünsche. Wie viele Generationen werden noch in den Alpen powdern können? Der Winter in den Alpen ist jetzt schon 37 Tage kürzer als vor einem halben Jahrhundert. Stoke ist für alle da, auch für alle die nach uns leben. Wer es nicht aushält bei einem Ski-Film an die Natur und die Zukunft der Erde zu denken, der sollte in Zukunft vielleicht auch darauf verzichten sich in der Natur auszutoben. Der Film stellt vieles in Frage was für unsere Zeit selbstverständlich ist. In einer Szene landet ein Heli auf einem weißen Gipfel, im nächsten Schnitt liegt das Wrack des Hubschraubers verrostet im Wüstensand.

Heliskiing in Ruin & Rose
Heliskiing in Ruin & Rose

Last Trick

Das Beste zum Schluss ist so ein weiteres ungeschriebene Gesetz in Ski-Filmen. Wer als Erster oder eben Letzter in einem Edit auftaucht, hat bestimmt eine besonders spektakuläre Szene zum Film beigetragen. Meine absolute Lieblingsszene des Films ist der letzte Trick der Jump-Session in Whistler-Blackcomb. Bestimmt 10 -15 Rider rasen gemeinsam auf den riesigen Kicker zu, doch statt in der Luft nochmal alles rauszuhauen, was ihr Können hergibt, segeln alle gemeinsam durch die Luft. Ein Moment im Film in dem die Zeit kurz keine Rolle mehr spielt. Arme und Beine sind bei Allen weit von sich gestreckt, so ergibt sich ein Bild purer Freude, ein Ausdruck puren Glücks und ein prächtiges Symbol des Privilegs, das dieser einzigartige Sport für jeden von uns bedeuten sollte.

Danke MSP für diesen mutigen Film, mir sprecht ihr damit aus der Seele! Zu Sehen gibt es den Film auf iTunes, Amazon und GooglePlay. Im Kino läuft der Film noch wenige Tage auf der Alp-Con CinemaTour.

Lasst uns gemeinsam rausgehen, bewusst das shredden genießen ohne dabei die Zukunft aus dem Blick zu lassen. Give Mother Earth a Massage®! Jeder von uns kann Mutter Natur Gutes tun, damit die weiße Magie auch noch die Kinder unserer Kinder, derer Kinder und Kindes-Kinder in ihren Bann ziehen kann!

“Share the stoke and leave no harm, together we watch out for our home”

-Patrick-

Reaktionen

Tourist
AnonymAutor23 November 2016 · 09:46

http://cdn.wepowder.nl/forum/1/19171.jpg?width=800

Diese Woche startet unser SNOW-Filmblock mit MSP Films - Ruin And Rose in den Kinos! Ihr solltet euch dieses Filmhighlight nicht entgehen lassen!

Alle Termine:
http://alp-con.net/trip/tourtermine/

Weiters im Programm:
MIDIAFILM - Characters On Ski, Hanno Mackowitz - Dahem
http://alp-con.net/cinematour/snow-filmblock/

Tourist
AnonymAutor21 Dezember 2016 · 15:34

Ich kann deinen Hype nicht ganz teilen. Viele Szenen aus dem Film sind sicher spektakulär, aber leider “nichts neues”. Es hätte auch jeder andere Film sein können von MSP, o.ä. , wären nicht die viel zu langen, lahmenden und zumindest für mich und meine Freunde, als wir zur Alpcon waren, einschläfernden postapokalyptischen Szenen mit dem kleinen Jungen.

Ich möchte mich nicht darauf festlegen, aber es war gefühlt die Hälfte des Films Bilder von dem Jungen begleitet mit der Stimme des Erzählers und die andere Hälfte waren Powderszenen und andere interessante Skifahrorte zu sehen. Aber genau das stellt für mich das Problem dar. Der Regisseur hat damit einfach zu viel Wert auf ein atemberaubendes Epos gelegt, aber den eigentlichen “Sinn” seines Films, geniale Tricks, irre Stunts, butterweiche Powderabfahrten etc. zu stark vernachlässigt.

Im Alp-Con Filmblock hat mich daher, ich weiß leider nicht mehr welcher der zwei vorher laufenden Filme, mit seinen Geschichten mehr aus der Reserve gelockt.

Neue bzw. andere Blickwinkel vom durch Powder surfen hätten mich interessiert, aber leider sind es viel zu oft bei den großen Produktionen, einfach nur Heli- oder Drohnen Aufnahmen die im Vergleich zu Nahaufnahmen beim nebenher-, hinterher- oder vornewegfahren o.ä. Überhand nehmen, wobei diese oft spektakulärer sind.

Dennoch vielen Dank für deine Einschätzung. Ich habe den Film dennoch gern gesehen und mich hat die Geschichte, die der Film erzählt, mitgenommen. Aber es war meiner Meinung nach zu viel des Guten.

Fortgeschritten
-Patrick-Autor5 Januar 2017 · 13:35

Spannend was du schreibst, denn ich glaube das ist genau der schmale Grat an dem der Film das Publikum spaltet.

Ich bin ganz bei dir, was die Action-Szenen (auch in punkto Musik) angeht, war MSP in Filmen wie Claim oder Push schon mal kreativer. Ich kann mir gut vorstellen, dass gerade der Druck immer noch höher, weiter und extremer zu werden, bei MSP dazu geführt mal über ein ganz anderes Konzept nachzudenken und eben mehr auf “Story” zu setzen. Irgendwo sind auch bei den Athleten mal Grenzen erreicht, wo man nichts mehr draufsetzen kann…

Ich glaub der andere Film den du meintest war DAHEM, kann das sein? Der hat mir auch sehr gut gefallen, aufgrund seiner unaufgeregten, authentischen Art.

Share the Stoke and leave no harm, Together we watch out for our Home.
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