Videoanalyse: Lawine in Engelberg

Videoanalyse: Lawine in Engelberg

Das obige Video zeigt einen ziemlich krassen Fall von Ignorieren sämtlicher Warnsignale, was schlussendlich zu einem haarsträubenden Lawinenunglück führte, das den Skifahrer beinahe das Leben kostete. Aber schauen wir uns das Ganze doch mal genauer an.

Im April 2011 wollte der Freerider im obigen Video eine schöne Line in Engelberg befahren. Dabei löste er ein Schneebrett aus, welches ihn nach unten über eine Klippe zog. Doch wie kam es überhaupt zu diesem Unglück? Hat der Freerider alles getan um die Gefahr zu minimieren? Meiner Ansicht nach nicht!

##Wie hoch war das Risiko?

Die Lawinengefahr war an diesem Tag auf Stufe 3, was ein Warnsignal aus Stufe 1 aus Munters 3x3 - Die Regionale Situation- darstellt. Dies allein ist natürlich noch kein Grund nicht powdern zu gehen, aber es kommen noch einige Aspekte dazu.

Um die Warnsignale geordnet aufzulisten, muss ich im Video etwas vorspulen. Zum Ende des Videos sehen wir Bilder, die früher am selben Tag entstanden sind. Es ist deutlich zu sehen, dass der Freerider bereits bei mäßiger Hangneigung kleinere Lawinen an verschiedenen Orten ausgelöst hat. Dies ist ein Warnsignal aus Stufe 2 von Munters 3x3 - Lokale Bedingungen - und ein deutliches Zeichen dafür, dass man sich nicht in steileres Gelände wagen sollte.

Risse im Schnee bei mäßig steilem Gelände
Risse im Schnee bei mäßig steilem Gelände

Kommen wir zurück zum Anfang des Videos.

Bei 0:58 sehen wir wie der Freerider in den Hang hinein quert. Er habe dies “vorsichtig” getan um zu sehen wie stabil der Hang ist.
Nur ist die Stelle an der er die Stabilität des Hangs testet überhaupt nicht repräsentativ für den unter ihm befindlichen Hang. Es ist deutlich zu sehen, dass es da wo er steht, aus Richtung seines Rückens, stark gewindet haben muss. Daher ist davon auszugehen, dass sich im Hang unter ihm Triebschnee angesammelt hat. Hier wurden die Warnsignale aus Ebene 3 von Munters 3x3 - Die zonalen Gegebenheiten - ignoriert.

Die Wind-Verwehungen sind deutlich zu sehen
Die Wind-Verwehungen sind deutlich zu sehen

Hinzu kommt, dass der Hang unter ihm deutlich steiler ist, als alles was er bisher an diesem Tag gefahren ist.
Ich schätze Ihn auf ca. 35-40°. Somit hätte man diesen Hang nicht nur nach dem 3x3 sondern auch nach der Reduktionsmethode nicht befahren sollen.

##Wie hoch waren die Konsequenzen?

Nun möchte ich noch den Hang als Ganzes beleuchten um euch einen weiteren wichtigen Aspekt zu zeigen, der hier komplett ausgeblendet wurde.

Der Hang im Überblick
Der Hang im Überblick

Dieses Bild zeigt deutlich, dass sich unter dem zu befahrenden Hang eine ziemlich hohe Felswand befindet. Dies bedeutet, dass selbst ein kleiner Schneerutsch, der nicht reichen würde um dich zu verschütten, ausreicht um dich über die Klippen zu ziehen. Dies ist für mich ein klarer Fall von zu großen möglichen Konsequenzen, unter dem gegebenen erhöhten Risiko. Mehr zu Risiko und Konsequenz findet ihr hier.

##Warum fährt der Freerider trotzdem?

Wer noch nie mit einer Lawine zu tun hatte, umgibt sich oft mit einer Aura der Unsterblichkeit. Dies war wohl auch hier der Fall. Hinzu kommt, dass es der wohl letzte Powdertag der Saison war, und da will man noch kriegen was zu kriegen ist. Gepaart mit einer Gruppendynamik und dem Wunsch Allen zu zeigen wie toll man ist, wurde hier eine fatale Entscheidung getroffen.

##Was hat dem Freerider das Leben gerettet?

Zum einen war es natürlich unglaubliches Glück und zum anderen sehr wahrscheinlich der Lawinen Airbag, sowie die schnelle Hilfe von Freunden und Hilfskräften.
Der Airbag hat vermutlich einiges vom Aufprall abgefangen und verhindert, dass der Freerider verschüttet wurde. Die Freunde waren schnell vor Ort und konnten Hilfe holen. So kam er vergleichsweise ungeschoren davon.

##Was lernen wir daraus?

Ignoriert niemals deutliche Warnsignale! Lasst euch nicht von der Gruppe oder der Tatsache, dass die Saison bald vorbei ist beeinflussen. Und vor allem, lasst euch durch die neueste Sicherheitsausrüstung nicht dazu verleiten, ein höheres Risiko einzugehen. Das Ziel ist nicht eine Lawine zu überleben, sondern in keine Lawine zu geraten.

Ich möchte dem Freerider dafür danken, dass er uns ans seinen Fehlern teilhaben lässt, damit andere nicht die gleichen Fehler machen. Ich denke er hat seine Lektion gelernt und auch uns eine erteilt. Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert.

Ride safe, Tobi

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TobyMcGreen
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