Was ist ein 'Retour d'Est'?

Was ist ein 'Retour d'Est'?

Ähnlich wie beim Nordstau zählt Retour d’Est zu jenen Begriffen, die wenn sie in meiner Vorhersage auftauchen bei leidenschaftlichen Freeridern augenblicklich für Begeisterung sorgen. Die Erfahrung zeigt: In einer kurzen Zeitphase können bis zu zwei Meter Schnee fallen.

Was ist ein ‘Retour d’Est’?

Was genau ist ein Retour d’Est? Wo genau tritt er auf? Retour d’Est ist ein französischer Begriff für ein Wetterphänomen, das vorwiegend im italienischen Piemont auftritt. Wortwörtlich übersetzt bedeutet es Rückkehr aus Osten. Ein richtiger Retour d’Est entsteht, wenn kalte Luft durch das Rhonetal und die französischen Alpen den Weg zum Golf von Genua findet. Sobald diese kalte Polarluft im Golf von Genua eintrifft und dort auf die (relativ) warme und feuchte Mittelmeerluft trifft, bildet sich ein kleines aber sehr aktives Sturmtief; ein sogenanntes Genuatief.

Manchmal kann ein solches Genuatief nirgendwo hin ausweichen, da es zwischen zwei Hochdruckgebieten im Osten und im Westen eingeklemmt ist. Ganz besonders durch die Abwesenheit eines starken (zonalen) Jetstreams aus Westen, kann das Tief tagelang im Golf von Genua verweilen. Und da sich Sturmtiefs entgegen den Uhrzeigersinn drehen, bildet sich eine Strömung aus Osten in der Po-Ebene.

Diese Karte bedarf etwas Erklärung. Im Golf von Genua befindet sich ein Tiefruckgebiet, die orangenen Pfeile zeigen Hochwinde -strömungen. Diese Winde werden auch als Lombarde bezeichnet. Es ist genau diese Ostströmung, die den Retout d’Est so besonders macht. Normalerweise sind Sturmtiefs immer mit Hochgeschwindigkeit unterwegs und haben nahezu immer einen westliche Wind-Komponente; jedoch nicht so beim Retour d’Est. Es ist kein ganz gewöhnliches Wetterphänomen, aber es sorgt für leuchtende Farben auf den Schneekarten.

Große Schneemengen

Ein Retour d’Est ist zwar selten, doch die Schneemengen sind gewaltig. Dafür gibt es drei Gründe.

  • Die Nähe zum Mittelmeer ermöglicht es einem Sturmtief kontinuierlich feuchte Luftmassen aufzunehmen, die dann nur 500 km entfernt als Schnee fallen.
  • Das extreme Aufeinanderprallen von kalten und warmen Luftmassen sorgt für maximale Absorbierung von Feuchtigkeit. Die kalte Luft (schwerer) quetscht sich unter die warme Luft, drückt sie nach oben und somit entsteht schnell Kondensation.
  • Die Kombination flache Po-Ebene und hohe Alpen sorgt für eine maximale Anstauung der Schneefront.

Seht euch die Po-Ebene einmal genauer an. Sie ist im Norden und Westen von den Alpen, im Süden vom Apennin umschlossen. Die Wolken sind gefangen, sobald eine Strömung aus Osten auftritt. Die Wolken können nicht ausweichen, der einzige Weg geht Richtung Berge.

Die Po-Ebene liegt auf 150-200 m und ist weitestgehend flach wie ein Pfannkuchen. Allerdings könnt ihr, wenn ihr aus dieser flachen Ebene herausfahrt, binnen 40 Minuten in der Nähe eines 3000 Meter hohem Gipfel stehen. Die Alpen sind hier sofort riesig, sowas die Voralpen gibt es quasi gar nicht. Das schnelle Aufsteigen der Luftmassen sorgt für schnelle Abkühlung, also auch für viel Neuschnee.

Wo fällt der Schnee?

Der Schnee fällt in erster Linie im italienischen Piemont und teilweise auch in den benachbarten Regionen. Die Wolken treffen von Westen her auf die Alpen und es schneit (kräftig), sobald sie den Alpenhauptkamm überquert haben lösen sie sich jedoch schnell auf.

Ok, das Piemont, aber um welche Nachbarregionen geht es?

Aber ein ‘Retour d’Est’ ist ein sehr lokales Phänomen und der Teufel steckt im Detail. Von der genauen Richtung ist abhängig welcher Teil des Piemonts den Jackpot holt. Kommt die Strömung mehr aus Süden, dann wird das nördliche Piemont eingeschneit und anders herum.

Es gibt auch alle möglichen Mischformen. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass es gar kein Genua-Tief gibt, jedoch aufgrund von unterschiedlichen Druckverhältnissen zwischen Tiefdruck über dem Mittelmeer und Hochdruck nördlich der Alpen, trotzdem eine Strömung aus Osten entsteht. Aufgrund der Feuchtigkeit in der Po-Ebene kann dann trotz relative hohem Drucks dennoch Schnee fallen. Einen Retour d’Est auf einer Wetterkarte vorherzusagen bedarf viel Erfahrung. Je häufiger man sie sieht (und auch selbst erlebt), desto besser gelingt es einem die Auswirkung der Strömung aus Osten für diesen Teil der Alpen zu verstehen.

Und was ist mit dem Rest der Alpen?

Im Rest der Alpen gibt es keine Niederschläge. In den französischen Alpen scheint die Sonne, in den Täler weht ein starker Föhn (Lombarde). Bei jedem Sturm ist das Wetter in Österreich, Schweiz und dem Nordosten Italiens anders, doch dass der meiste Schnee im Piemont fällt, darauf kann man sich beinahe immer verlassen. Zeit für Espresso, Pasta und Latschen.

Die extremsten Retour d’Est

  • Januar 1978: 3,05 m Neuschnee in Saint Véran
  • März 1993: 2 m Neuschnee am Mont Viso
  • März 2007: 2 m Neuschnee am Mont Viso in nur 24 Stunden (ein Dump den übrigens kein Wettermodell vorweg erkannt hat)
  • Dezember 2008: 2,15 m Neuschnee in Saint Véran
  • März 2015: über 1 m Neuschnee in 24 Stunden in Sestrière

Der jüngste ‘Retour d’Est’ trat am 6. November 2017 auf und versorgte die französischen Queyras das südliche Piemont mit 50-100 cm Neuschnee.

meteomorris

Reaktionen

Fortgeschritten
TomPeAutor13 November 2017 · 12:01
TomPe
Fortgeschritten
-Patrick-Autor13 November 2017 · 12:11

Beeindruckende Bilder. Danke fürs teilen!

Share the Stoke and leave no harm, Together we watch out for our Home.
Experte
meteomorrisAutor13 November 2017 · 17:15

@csaa299 Wow!

powfinder.com
Fortgeschritten
powwowAutor13 November 2017 · 20:53

Geile Fotos!

Antworten
Verpassen Sie nichts mehr!

Erhalten Sie die neuesten Nachrichten, PowderAlerts und mehr!